Virtuell Virtuos?!, 23.10.2013, Bericht Fachtagung

Virtuell Virtuos?!
Fachtagung der LJS am 23.10. 2013 beschäftigte sich mit der Medienwelt der 10- bis 14-Jährigen

Hannover, 30.10.2013. Auf ihrer Fachtagung am 23. 10. 2013 hat die Landesstelle Jugendschutz Niedersachsen neue Forschungsergebnisse zum Mediennutzungsverhalten von Kindern und Jugendlichen und Erkenntnisse aus der Praxis vorgestellt.

Jens Wiemken, Medienpädagoge aus Vechta, veranschaulichte in seinem Vortrag das Thema Onlinespiele anhand verschiedener kurzer Sequenzen des aktuell beliebtesten Spiels „League of Legends“. Angesichts der Begeisterung vieler Jugendlicher für das Spiel warf Wiemken die Frage auf, warum exzessives Spielen von Erziehenden als besorgniserregend gesehen wird, während exzessives Lesen, Sport treiben oder musizieren „erlaubt“ ist – oder sogar speziell gefördert wird.

Im Anschluss gab Claudia Mikat von der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen (FSF) einen Überblick der bei 10- bis 14-Jährigen beliebten Formate in Film und Fernsehen. Kinder und Jugendliche suchen beim Medienkonsum Spaß und Entspannung, lassen sich dabei jedoch nicht einfach berieseln, sondern wenden sich aktiv bestimmten Medienangeboten zu. Die 3- bis 13-Jährigen bevorzugen Sender mit einem reinen Kinderprogramm, bei den älteren Jungen ist Pro7 beliebt, während die Mädchen bevorzugt RTL-Programme sehen. Beide Gruppen favorisieren fast ausschließlich Unterhaltungsformate wie Daily Soaps, Comedyformate, Cartoons und Sitcoms sowie Castingsshows. Wichtig wäre es, so Mikat, dass Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit gegeben wird, sich mit Rollenbildern und Verhaltensmustern auseinander zu setzen. Zudem müssen sie die Chance haben, Entwicklungsthemen und alterstypische Probleme zu bearbeiten: „Das Medienverhalten von Kindern ist immer auch die Suche nach Orientierung, nach Werten und nach Anhaltspunkten für die eigene Identität“, betonte die hauptamtliche Prüferin bei der FSF.

Die „kleinen Unterschiede“ in der Mediennutzung von Mädchen und Jungen zeigte Dr. Tanja Witting von der Fachhochschule Ostfalia. Jungs sind hier eher die „Macher“, die Medien insbesondere nutzen, um etwas zu produzieren oder zu spielen. Darüber hinaus dienen ihnen Geräte wie Smartphones oder Tablets zur Statusproduktion. Dagegen besitzen Mädchen seltener eigene Geräte. Sie sind hauptsächlich in sozialen Netzwerken aktiv, um ihre Beziehungen zu pflegen und sich mitzuteilen. Am Nachmittag wurden in vier Foren die Themen Facebook, der Umgang mit suchtartiger Mediennutzung, die mobile Medienwelt und das Phänomen Cyber-Mobbing behandelt.

Zum Abschluss der Tagung stellte Niels Brüggen, Medienexperte am Institut für Medienpädagogik (JFF) in München, die Ergebnisse der Teilstudie „teilen, vernetzen, liken – Jugendliche zwischen Eigensinn und Anpassung im Social Web“ vor. Jugendliche, so Brüggen, nehmen die Veränderung der Medienwelt als Erweiterung ihrer Handlungsmöglichkeiten wahr. Mit der Aktivität in sozialen Netzwerken verbinden sie eine zusätzliche Option, mit ihren Freunden häufiger in Kontakt zu treten. Gleichzeitig haben sie so mehr Zugang interessanten Informationen. Dies kann aber auch zum Problem werden, wenn sie mit verstörenden, desorientierenden oder illegal bereitgestellten Inhalten konfrontiert werden. Mädchen und Jungen verschaffen sich über Facebook Zugehörigkeit, soziale Einbettung und Anerkennung. In diesem Zusammenhang thematisierte Brüggen ein grundsätzliches Spannungsverhältnis: Einerseits bieten soziale Netzwerke Jugendlichen eine Erweiterung ihres sozialen Handelns, andererseits führen sie auch zu einem Kontrollverlust – etwa darüber, was mit ihren Fotos geschieht oder was in ihrem Namen gepostet wird.

Wie Eva Hanel, Medienreferentin der Landesstelle Jugendschutz Niedersachsen, resümierend festhielt, benötigen auch Mädchen und Jungen zwischen 10 und 14 Jahren noch Begleitung durch Erwachsene bei ihrem Medienumgang.

Pressekontakt und Rückfragen: Ulrike Beckmann, Konzept+Kommunikation,
Beim Schlump 13A, 20144 Hamburg, kontakt@ulrike-beckmann.de, Tel. 040 – 84 60 83 94

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