Was hilft, wenn Eltern überfordert sind? Armut und Folgen der Corona-Pandemie: Ansatzpunkte für Prävention (05. September 2023)

Was hilft, wenn Eltern überfordert sind?

Armut und Folgen der Corona-Pandemie: Ansatzpunkte für Prävention

05. September 2023 | Tagungsbericht

Eröffnet wurde die Tagung durch Prof. Dr. Karin Zimmer (Universität Vechta) mit Ergebnissen ihrer Forschungsarbeit zu Corona-Folgen für Familien. Auf der Basis von zwei Befragungswellen (Sommer 2021 und Frühjahr 2022) zeigt die Studie, dass viele Kinder durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie stark belastet wurden. Die Forscher*innen gehen davon aus, dass die entstandenen Belastungen auch nach der vorläufig überwundenen Pandemie weiter nachwirken und zu einem erheblichen Unterstützungsbedarf für Familien führen.

Dr. Irina Volf (Institut für Sozialarbeit & Sozialpädagogik e.V in Frankfurt am Main) stellte markante Daten aus der Armutsforschung vor und verdeutlichte, wie die Handlungsspielräume pädagogischer Fachkräfte genutzt werden können, um ein armutssensibles Handeln in Kindertageseinrichtungen zu stärken. Anhand konkreter Erfahrungen aus dem Projekt „Zukunft früh sichern!“ zeigte Frau Volf, wie Fachkräfte in Kitas einen Beitrag dazu leisten können, durch Armut entstehende Benachteiligungen auszugleichen und Chancengleichheit zu fördern. Denn nach wie vor ist „Armut aus der Perspektive der Betroffenen eine prägende Lebensbedingung. Es ist eine Lebensbedingung, die mit vielen Einschränkungen und Benachteiligung einhergeht“, so Volf.

Im dritten Vortrag stand die Kommunikation mit Eltern in Social Media-Kontexten im Mittelpunkt. Mit der Kampagne #einetrachtliebe verfolgt das Niedersächsische Sozialministerium das Ziel, Eltern für das Thema „Gewaltfreie Erziehung“ zu sensibilisieren. Die Kampagne wurde Ende 2022 gestartet, sie hat aktuell knapp 5.000 Follower und konnte online ca. eine Million Konten erreichen. Anette Stege, Referentin für Kinderschutz im Sozialministerium, zeigte an Beispielen auf, mit welchen Botschaften die Kampagne Eltern erreichen und ermutigen will und wie die Interaktion mit ihnen gelingt.

Die Lebenssituation von Vätern ist Thema des Forschungsprojektes „You don`t need to be superhereos“ von Prof. Dr. Kim Bräuer. In der Studie wurden über 2200 Männer zu ihrer Rolle und ihrem Selbstverständnis innerhalb ihrer Familie befragt.  Die Forschungsergebnisse illustrieren die nach wie vor bestehenden Unterschiede in der Aufgabenteilung zwischen Müttern und Vätern bei der Familienarbeit, Kinderbetreuung und Haushaltsversorgung. Daraus leitete Frau Bräuer die Frage ab, was Väter benötigen, um sich gleichberechtigt in die Versorgung der Kinder und des Haushaltes miteinzubringen. Als Handlungsempfehlungen, die sich auf Basis der Studie für pädagogische Fachkräfte ergeben, formulierte Bräuer: Väter sollten aktiv durch gezielte individuelle und gruppenbezogene Ansprache in den Kita-Alltag einbezogen werden, z. B. im Rahmen von Väter-„Netzwerken“. Für die Diskussion auf politischer Ebene betonte Bräuer „Es wird viel über die Förderung weiblicher Berufstätigkeit im Zuge des Fachkräftemangels gesprochen. Diese Förderung kann aus unserer Sicht nur gelingen, wenn sie Hand in Hand geht mit einer Förderung aktiver Vaterschaft und der Sicherung externer Kinderbetreuung“. (Prof. Dr. Kim Bräuer)

Zum Abschluss der Veranstaltung stellte Anna von Wensiersky (Grafschaft Bentheim) das Projekt Kita-MOVE vor:  Ziel des Projektes ist es, mit Eltern ins Gespräch zu kommen, um Erziehungsfragen zum Thema zu machen und so Reflexionsprozesse und Veränderungen anzuregen. Ob es um die Einhaltung von Bring- und Abholzeiten, mit Süßigkeiten gefüllte Brotdosen, Unterstützungsbedarf in der Sprachentwicklung oder auffällige Verhaltensweisen geht – die zugewandte Haltung pädagogischer Fachkräfte beim Ansprechen der teilweise heiklen Themen macht einen Unterschied. In Verbindung mit Elementen der Motivierenden Gesprächsführung (MI) gelingt es Kita-MOVE auch sonst schwer erreichbare Eltern zu erreichen.