Pornografie und Rollenbilder: Zusammenfassung

Pornografie und Rollenbilder

Der Einfluss von Medien auf die Jugendsexualität

Zusammenfassung der Tagung am 18. April 2012

Pornografische Angebote dürfen für Jugendliche nicht zugänglich sein – so schreibt es das Gesetz vor. Dennoch gehören pornografische Bilder und Filme zum Medienrepertoire vieler Jugendlicher. Insofern ist es für den Jugendschutz wichtig, zu wissen, wie Jugendliche mit pornografischen Angeboten umgehen und wie pädagogische Fachkräfte das Thema aufgreifen und besprechen können, um einer möglichen negativen Wirkung entgegenzuwirken.

Pornografie, also die „die direkte Darstellung des menschlichen Sexualaktes unter expliziter Betonung der Geschlechtsorgane mit dem Ziel der Aufreizung des sexuellen Triebs der Zuschauer“ wird für Erwachsene produziert und darf Kindern und Jugendlichen nicht zugänglich gemacht werden. Mehr noch: Kinder und Jugendliche sollen erst gar nicht damit in Berührung kommen, was durch ein striktes Werbeverbot realisiert werden soll. Entsprechend ist beispielsweise die Einrichtung von Bereichen für pornografische und indizierte DVDs in Videotheken zu verstehen.

Was hier – im Bereich der Offline-Medien wie DVDs und Kinofilmen – noch relativ einfach durchzusetzen ist, funktioniert in Zeiten des Internets und der Vollausstattung mit Internetanschlüssen und Mobiltelefonen der Jugendlichen nicht mehr. Im Netz ist eine Kontrolle technisch komplizierter umzusetzen. Darüber hinaus sind viele Server, auf denen pornografische Seiten hinterlegt sind, nicht in Deutschland beheimatet und unterliegen somit auch nicht den gesetzlichen Bestimmungen, die den Zugang für Minderjährige erschweren bzw. verhindern sollen. Entsprechend sind pornografische Inhalte im Internet relativ einfach zugänglich. Sie gehören zum Medienrepertoire jugendlicher Mädchen und Jungen, die in der Phase des Erwachsenwerdens durchaus Interesse daran haben. Einschlägige Studien und Berichte aus der praktischen Arbeit mit Mädchen und Jungen zeigen: Jugendliche kennen und konsumieren pornografische Inhalte.

Die Frage, die aus Sicht des Jugendschutzes und für pädagogisch Tätige zu stellen ist, ist also primär nicht mehr ob, sondern wie Jugendliche mit diesen Inhalten umgehen, welche Gefährdungspotentiale entstehen und wie man mit ihnen zu dem Thema ins Gespräch kommen kann, um einer möglichen Gefährdung durch den Konsum entgegenzuwirken.

Wenn Jugendliche Pornografie nutzen, so steht in erster Linie die Stimulation im Vordergrund des Konsums. In den Filmen werden ganz nebenbei Rollenbilder vermittelt, die Männer und Frauen auf ihre Geschlechtsmerkmale und die Triebe reduzieren. Damit verbunden sind Klischees über das Mann- und Frau-Sein. Eine filmische Handlung ist nur ansatzweise vorhanden, eine Beziehung unter den Agierenden außerhalb ihrer sexuellen Aktivitäten nicht weiter von Interesse. Somit findet keinerlei Einordnung in einen Zusammenhang statt, der das Gesehene relativieren könnte. Vor diesem Hintergrund ist zu fragen, wie sich das Gezeigte auf die jugendliche Sexualität auswirkt oder auswirken kann. Denn gerade in der Phase des Erwachsenwerdens, des ersten Entdeckens von Sexualität, Partnerschaft und Zweisamkeit suchen Mädchen und Jungen Ideen und Vorbilder, an denen sie sich orientieren können.

Doch nicht nur in pornografischen Angeboten finden Jugendliche Anknüpfungspunkte für Rollenbilder – auch in Musikclips, Werbung, Castingshows, kurzum in vielen (jugendaffinen) Medienangeboten, werden beispielsweise Mädchen und Frauen auf ihr Äußeres reduziert – sie haben sexy zu sein. So entsteht ein zuweilen erschreckend eindeutiges und einseitiges Bild vom „erstrebenswerten Frausein“.

Mit der Fachtagung zum Thema „Pornografie und Rollenbilder“ widmete sich die Landesstelle Jugendschutz Niedersachsen einem aktuellen Thema. Das rege Interesse von pädagogischen Fachkräften aus unterschiedlichen Arbeitsbereichen hat gezeigt, wie stark das Bedürfnis nach fachlichem Austausch ist.

Welche Bilder und Rollen nicht nur in pornografischen Inhalten, sondern auch ganz alltäglich im Fernsehen zu finden sind, zeigte Claudia Mikat von der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen e.V. Inwieweit sich das Gezeigte auf die Jugendsexualität auswirken kann, stellte Prof. Dr. Konrad Weller von der Hochschule Merseburg in seinem Vortrag „Jugendsexualität und Medien“ dar.

Am Nachmittag ging es um konkrete Fragen von Mädchen und Jungen und darum, wie mediale Rollenbilder auch Köperbilder generieren können und welchen Einfluss das auf das Körperempfinden von Mädchen und Jungen hat. Marthe Kniep von der Bravo Dr. Sommer-Onlineredaktion präsentierte ausgewählte Ergebnisse der Bravo Studie und anonyme Fragen von Jugendlichen an Dr. Sommer wurden ausgiebig diskutiert.

Alexander Rihl aus Berlin, der in seiner Master-Arbeit zum Thema „Jugendliche und Pornografie“ empirisch geforscht hat, stellte verschiedene Nutzertypen von Pornografie vor.

Welche Konsequenzen sich für die pädagogische Praxis ergeben und wie man zu diesem Thema mit Jugendlichen arbeiten kann, stellte Dr. Daniel Hajok von der Arbeitsgemeinschaft Kindheit, Jugend und neue Medien (AKJM) sehr praxisnah dar.

Die einzelnen Themen:

zurück zur Übersicht