„GRENZGEBIETE“ für Jugendliche
Ein Erfolgsbeispiel für die Präventionsarbeit gegen sexuelle Gewalt
Hohe Akzeptanz des Projektes bei Schülerinnen und Schülern
Das Theater- und Workshop-Projekt „GRENZGEBIETE“ zur Prävention gegen sexuelle Gewalt unter Jugendlichen ist seit Frühjahr 2011 an mehr als 50 Standorten in ganz Niedersachsen zum Einsatz gekommen. Zwei Jahre nach dem Start legt die Landesstelle Jugendschutz eine Evaluation vor. Das Fazit: Das Projekt ist bei den Jugendlichen auf hohe Akzeptanz gestoßen. Durch die Auseinandersetzung mit dem Theaterstück wird das Bewusstsein für sexuelle Grenzen und Übergriffe gestärkt.
Das Projekt „GRENZGEBIETE“
Das Projekt wurde von der Landesstelle Jugendschutz Niedersachsen mit drei aufeinander bezogenen Bausteinen konzipiert: Informations- und Fortbildungsmodule, einer Broschüre für Fachkräfte und andere interessierte Erwachsene und einem Theaterprogramm für Jugendliche.
Ziel war es, Jungen und Mädchen ab 13 Jahren das Erkennen und Benennen von sexuellen Grenzverletzungen zu erleichtern. Sie sollten die Situation der Opfer besser verstehen lernen und sich angesichts von Übergriffen sicher und klar verhalten können.
Für die Projektarbeit mit Jugendlichen entwickelte die theaterpädagogische werkstatt (tpw) Osnabrück im Auftrag der LJS das Theaterstück „Ein Tritt ins Glück“. Vier Schauspielerinnen und Schauspieler spielen vier Jugendliche und provozieren einander, reden übereinander, verlieben sich – bis aus dem Necken Nötigung wird. Thematisiert wird dabei, wie Jugendliche sich schützen, wo sie Unterstützung erhalten und wem sie trauen können, wenn sie in Schwierigkeiten geraten. Aber auch die Gegenseite bleibt nicht ausgespart: Was kann jemand tun, der zu weit gegangen ist und andere verletzt hat? Nach der Aufführung werden diese Fragen in Workshops von den Darstellern aufgegriffen und mit den Jugendlichen bearbeitet. Durch die theaterpädagogische Arbeit sollen sie darin gestärkt werden, Grenzen zu erkennen, andere zu respektieren und sich bei Grenzüberschreitungen zu wehren oder Hilfe zu organisieren.
Große Zustimmung bei Mädchen und Jungen
Im Rahmen einer einjährigen Evaluation 2011/12 wurden insgesamt 2095 Schüler/innen der siebten bis zehnten Klassen im Anschluss an das Theaterstück und den anschließenden Workshop befragt. Die Ergebnisse zeigen eine hohe Zustimmung für das Theaterprogramm – über 86% der Befragten beurteilten den Projekttag als „positiv“ bzw „eher positiv“.
Das Theaterstück wurde überwiegend als „sehr realistisch“ und sehr informativ wahrgenommen. Der Frage, ob sich der Besuch des Theaterstückes für sie gelohnt habe, stimmten nahezu 80% der befragen Schüler/innen ganz oder teilweise zu, die Ablehnung liegt im Vergleich dazu bei 3%. Eine ähnlich hohe Zustimmung gab es auch für die Nachbereitung, von der über 81% sagten, sie sei interessant und lebendig gestaltet gewesen.
Auch für die Konzeption gelangt Dr. Olaf Lobermeyer vom Proval Institut zu einem positiven Fazit: „Nur ein Programm, an dem die Zielgruppen freiwillig teilnehmen, das sich von Praktikern umsetzen lässt und das eine klare Beziehung zwischen der Gesamtstruktur, den Einzelmaßnahmen und den angestrebten Zielen aufweist, kann vor Ort dauerhaft bestehen. Ebenso wichtig ist, dass es bei den Zielgruppen positiv aufgenommen wird. Alle Kriterien wurden vom Projekt erfüllt.“
Projektziele erreicht – Wissen zu sexueller Gewalt besser verankert
Wie die Befragung zeigt, konnten über 65% der Befragten eigene Erfahrungen und Fragen bei der Nachbereitung des Stückes einbringen – für die Verantwortlichen ein Indikator für die lernfördernde Atmosphäre des Projektvormittags: „Wie die Evaluation zeigt, regt die emotionale Ansprache durch das Theaterstück die Jugendlichen dazu an, sich mit dem Thema sexuelle Übergriffe zu beschäftigen und damit auch sexuelle Grenzverletzungen besser zu erkennen und zu benennen“, so Andrea Buskotte, Referentin für Gewaltprävention bei der LJS und Projektleiterin.
Auch für die Umsetzung des Theaterstückes kann ein positives Fazit gezogen werden. Über 80% der Befragten äußerten eine starke emotionale Verbundenheit mit der Hauptdarstellerin, die Opfer eines Übergriffes wird. Die Schüler/innen konnten sich in ihre Situation hineindenken und diese nachempfinden – eine Grundlage, um in Zukunft sensibler mit diesem Thema umgehen zu können.
Ausblick:
Wie die Evaluation zeigt, bietet die theaterpädagogische Arbeit eine gute Basis, um mit Jugendlichen zum Thema sexuelle Übergriffe ins Gespräch zu kommen. Für die Zukunft sieht Andrea Buskotte weitere Aufgaben für die Prävention in der Ermunterung, sich Hilfe bei Erwachsenen zu suchen und Hilfsangeboten von Beratungsstellen stärker zu nutzen. „Unsere Befragung gibt Hinweise darauf, dass das Thema von vielen immer noch bagatellisiert wird – nach dem Motto, ein erzwungener Kuss ist ja noch kein Übergriff. Prävention sollte also weiterhin dazu beitragen, dass sexuelle Übergriffe benannt und klare Verhaltensorientierungen vermittelt werden.“ Das Projekt GRENZGEBIETE hat hier mit seiner emotionalen und jugendaffinen Ansprache Neuland erschlossen.