sexuelle und reproduktive Rechte

Sexuelle und reproduktive Rechte sind Menschenrechte!
Sexuelle und reproduktive Rechte sind Menschenrechte! | Jugendschutz & sexuelle Gesundheit

Sexuelle und reproduktive Rechte sind Menschenrechte!

Sie gelten somit für alle Menschen, sind unveräußerlich und universell, und wurden von der International Planned Parenthood Federation (kurz IPPF) im November 1995 verabschiedet[*] und von der UN-Generalversammlung im September 2014 erneut bestätigt.

Gemäß dem sechsten Punkt der Charta haben alle Menschen das Recht auf Information und Bildung. Daher ist es von zentraler Wichtigkeit, dass Jugendliche über ihre Rechte informiert sind. Aus diesem Grundrecht Jugendlicher leitet sich eine Pflicht für Fachkräfte ab.

[*] https://www.profamilia.de/fileadmin/profamilia/ippf_charta.pdf, eingesehen am 10.02.2020, 12:58 Uhr

Jugendliche über sexuelle und reproduktive Rechte zu informieren, ist ein „Must have“!

Im Detail gilt es, Jugendlichen folgende Rechte zu vermitteln:

  1. Das Recht auf Leben
  2. Das Recht auf Freiheit und Unversehrtheit der Person
  3. Das Recht auf Gleichheit und darauf, keiner Form der Diskriminierung ausgesetzt zu sein
  4. Das Recht auf Privatsphäre
  5. Das Recht auf Gedankenfreiheit
  6. Das Recht auf Information und Bildung
  7. Das Recht auf freie Entscheidung für oder gegen Ehe und die Gründung und Planung einer Familie
  8. Das Recht zu entscheiden, ob und wann die Geburt eigener Kinder erwünscht ist
  9. Das Recht auf Gesundheitsversorgung und Gesundheitsschutz
  10. Das Recht auf den Nutzen des wissenschaftlichen Fortschritts
  11. Das Recht auf Versammlungsfreiheit und politische Beteiligung
  12. Das Recht auf Schutz vor Folter und Misshandlung

Zu besprechende Themen sollten in diesem Zusammenhang also Verhütung von sexuell übertragbaren Infektionen, Schwangerschaft, Schwangerschaftsabbruch und Elternschaft sowie das Erleben von Sexualität unabhängig von Fortpflanzung sein. Die Förderung und Achtung sexueller Gesundheit meint die Ermöglichung eines sozialen, geistigen, körperlichen und gefühlsmäßigen Wohlbefindens – und damit auch den Schutz der sexuellen Selbstbestimmung.

Sexuelle Selbstbestimmung fördern und schützen!

Sexuelle Selbstbestimmung bedeutet, dass jeder Mensch jederzeit über seine Sexualität frei und ohne Beeinflussung von anderen bestimmen darf. Dies beinhaltet die Entscheidung, wo, wann, wie und mit wem Sexualität gelebt wird oder eben auch nicht.

Dabei gilt dieses Recht natürlich für alle Beteiligten gleichermaßen. Gesellschaftlich leben wir in einer Zeit der Konsens- bzw. Verhandlungsmoral, was bedeutet, dass Menschen auf Augenhöhe ihr Zusammenleben und -lieben miteinander besprechen und gemeinsam darüber entscheiden.

In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass sich aus § 176 Strafgesetzbuch eine sogenannte absolute Schutzaltersgrenze ergibt, aus der abgeleitet werden kann, dass junge Menschen rechtlich gesehen erst ab Vollendung des 14. Lebensjahres selbstbestimmt über ihre Sexualität entscheiden dürfen. Oder mit anderen Worten: Dem Gesetz folgend dürfen Menschen in Deutschland erst ab dem 14. Lebensjahr sexuelle Handlungen an und mit anderen vornehmen. Dies entbindet aber nicht von der Pflicht der Fachkraft, auch schon jüngere Jugendliche gemäß der o.g. Rechte zu informieren – denn Menschen sind von Geburt an sexuelle Wesen und Aufklärung und Erziehung somit altersangemessen schon von Geburt an relevant.

Sexuelle Selbstbestimmung Jugendliche | Jugendschutz & sexuelle Gesundheit
Strafbarkeit sexuelle Handlungen | Jugendschutz & sexuelle Gesundheit

Deutlich wird an dieser Stelle aber auch, dass jegliche sexuelle Handlungen an oder vor Kindern unter 14 Jahren grundsätzlich verboten sind!

Selbstbestimmung setzt nämlich voraus, dass Entscheidungen nicht nur eigenverantwortlich getroffen werden, sondern die Tragweite der Entscheidung für die*den Entscheider*in absehbar ist. Der Gesetzgeber hat hierfür die Altersgrenze von 14 Jahren festgelegt.

Auch die Sexualität älterer Jugendlicher wird vom Staat unter besonderen Schutz gestellt, weitere Altersgrenzen sind 16 und 18 Jahre. Die Grafik fasst die aktuelle Rechtslage zusammen.

Jugendliche respektieren!

Die Vermittlung der sexuellen und reproduktiven Rechte erfordert eine klare Haltung der Fachkräfte. Sie müssen stets darauf achten, ihr Gegenüber zu respektieren, was sowohl die Aufgeschlossenheit gegenüber den Fragen betrifft, als auch ehrlichem und erlaubtem Desinteresse der Jugendlichen. ​ Sexuelle Selbstbestimmung kann sich dann gesund entfalten, wenn es gelingt, mit sich und der Zielgruppe rücksichtsvoll umzugehen und die vielfältigen Wünsche und Zugangswege im Blick zu behalten.

Kai Müller

Kai Müller

Der Autor

Diplom- und Sexualpädagoge, Dozent des Instituts für Sexualpädagogik