Viele Jugendliche orientieren sich an gängigen Schönheitsidealen und übernehmen diese zum Teil für sich. Bereits lange bestehende und gesellschaftlich akzeptierte Ideale, wie ein schöner Körper auszusehen hat, werden ergänzt durch aktuelle „dos and dont’s“ in Sachen Schminke, Kleidung und Styling. Mädchen und Jungen werden dadurch kontinuierlich herausgefordert, ihr Äußeres in Frage zu stellen: Bin ich zufrieden mit mir, so wie ich bin? Was möchte ich an mir verändern?
Aktuelle Studien zeigen: Immer mehr Mädchen – aber auch Jungen – fühlen sich nicht wohl in ihrem Körper. Diäten oder exzessives Sporttreiben sind oftmals der Versuch, den Körper zu formen und gängigen Schönheitsidealen zu entsprechen.
Wer bin ich? Wer will ich sein? Bin ich „normal“? Wie sehen andere mich?
Jugendliche müssen eine Vielzahl an Entwicklungsaufgaben bewältigen. Im Spannungsfeld elterlicher Vorgaben, gesellschaftlicher Normen, Meinungen von Freunden und Peer-Gruppen sowie Einflüssen aus den Medien wird das eigene Verhalten und Auftreten erprobt, modifiziert und wieder verworfen. Ein eigenes Wertesystem wird entwickelt, Normen gesetzt und deren Tauglichkeit in alltäglichen Situationen getestet. Die Suche nach Orientierung prägt das Verhalten in der Pubertät und viele Mädchen und Jungen sind besonders daran interessiert, wie Vorbilder des gleichen Geschlechts ihr Leben und die sozialen Beziehungen meistern.
Bei der Bewältigung vieler Entwicklungsaufgaben spielt der Körper eine wichtige Rolle: Fragen nach Attraktivität und Wirkung auf das eigene und andere Geschlecht sind grundlegend für Flirts und das Eingehen erster Liebesbeziehungen. Bei der Aufnahme intimer Beziehungen kann das Aussehen eine wesentliche Rolle spielen.
Mädchen und Jungen drücken über ihr Äußeres häufig ihren persönlichen Stil aus. Die alterstypische Ablösung von den Eltern kann die Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper, dessen Formung und Gestaltung entwicklungspsychologisch relevante Funktionen übernehmen: Die Auseinandersetzung mit elterlichen Erwartungen und Demonstration einer Unabhängigkeit von den Eltern lässt sich mit Hilfe bestimmter Kleidungs- und Schminkstile, Körper- oder Ernährungsformen darstellen.
Die Rolle der Medien wird ausgiebig diskutiert – das Erlernen eines angemessenen Umgangs mit ihnen stellt heute eine zentrale Entwicklungsaufgabe für Mädchen und Jungen dar. Zugleich kommt ihnen auch die Bedeutung als „Entwicklungshelfer“ zu: Medienangebote werden von Jugendlichen unterstützend genutzt, um Entwicklungsaufgaben aktiv anzugehen und zu bewältigen. So wird die Wirkung auf andere nicht nur auf dem Schulhof, sondern auch in Sozialen Netzwerken ausgetestet. Zu Reaktionen und Bewertungen auf Fotos der neusten Work-outs, des aktuellen Stylings oder auf sexy Selfies mit Freundinnen kommt es hier schneller und deutlicher als im direkten persönlichen Kontakt – und das ist auch so gewünscht. Bei der Online-Präsenz steht nicht selten das Zeigen der Person, des eigenen Körpers und dessen positiver Eigenschaften im Vordergrund. Dahinter steht häufig die Frage nach der Wirkung auf andere: Bin ich schön? Bin ich attraktiv für andere? Der Wunsch nach körperlicher Attraktivität ist damit eng eingebunden in die Suche nach sozialer Anerkennung und dem Aufbau von Freundschaften.
Um pädagogische Fachkräfte zu ermutigen diese Zusammenhänge zu thematisieren, dass sich Jugendliche mit der nötigen Balance zwischen der Bewältigung von Entwicklungsaufgaben und riskanten Verhaltensweisen befassen müssen, möchten wir auf dieser Projektwebsite Anregungen und Informationen geben, die es erleichtern sollen, die Themen Körperkult und Schönheitsideale in die Arbeit zu integrieren.
Darüber hinaus bieten wir Workshops für jugendliche Multiplikatorinnen und Multiplikatoren an, in denen Ansätze für die praktische Arbeit ausprobiert und reflektiert werden.
Entwicklungsaufgaben und Funktionen von Risikoverhalten Jugendlicher
(aus: „Jugend und Risiko – Handlungsansätze für die Suchtprävention“, LJS 2012)
Entwicklungsaufgabe |
Funktionen des Risikoverhaltens |
Identitätsentwicklung |
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Eigenes Wertesystem entwickeln |
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Verselbstständigung / Ablösung von den Eltern |
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Aufbau von Freundschaften; Aufnahme intimer Beziehungen |
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Der Kult um den Körper
Der Kult um den Körper
Der Blick auf die Entstehung und Entwicklung von Schönheitsidealen zeigt deutlich: Was als schön gilt unterliegt einem ständigen Wandel. Oft ist dies eng verbunden mit den Lebensumständen und dem Zeitgeist: So galten in Zeiten des Mangels runde Körper als schön, da sie Wohlstand symbolisierten, während sehr dünne Körper eher auf Krankheit oder Armut hindeuteten.
„Wir werden 2000 bis 5000 Mal pro Woche mit Bildern digital manipulierter Körper konfrontiert“
Susie Orbach (britische Journalistin und Psychoanalytikerin)
Heute inszenieren Jugendliche sich und ihre Körper oft auffällig: Körperbetonte Kleidung geht einher mit strengen Diäten oder exzessivem Sporttreiben – aber auch Tattoos und Piercings verdeutlichen eine starke Fokussierung auf den Körper und das Äußere. Verwunderlich ist das nicht, denn Mädchen und Jungen bekommen sowohl innerfamiliär, im sozialen Umfeld aber auch durch Medien bestimmte Bilder von Attraktivität und Schönheit angeboten und vorgelebt.
Ein umfassender Markt – von Diätvorschlägen und Nahrungsergänzungsmitteln über Tipps zum Styling, zum Kaschieren von Problemzonen bis hin zu umfangreichen Trainingskonzepten, Sport- und Ernährungs-Apps – bietet für jeden und jede etwas, um sich selbst zu optimieren.
Die Schwierigkeit besteht darin, zu erkennen, welche Ideale selbstgesetzt, im gesunden Rahmen und erreichbar sind und wo die Grenze hin zu gefährdenden, einengenden und utopischen Zielen verläuft. Diese wiederum können negative Folgen für den Körper und auch für die Entwicklung Jugendlicher haben. Da diese Grenze fließend und nicht konstant ist, fällt es nicht nur Jugendlichen, sondern auch Erwachsenen schwer, diese auszumachen.
Aktuelle (problematische) Trends
Die Bravo Dr.-Sommer-Studie aus dem Jahr 2016 zeigt, dass knapp die Hälfte der 11- bis 17-jährigen Mädchen, aber auch ein Drittel der Jungen, unzufrieden mit ihrem Körper sind. Im Langzeitvergleich wird deutlich, dass diese Unzufriedenheit mittlerweile früher eintritt und mehr Mädchen aber auch Jungen betrifft.
Die große Mehrheit (78% der befragten Mädchen und 80% der befragten Jungen der Bravo Dr.-Sommer-Studie 2016) der Jugendlichen meint auch, dass Beliebt-Sein und Dünn-Sein zusammenhängen. Diese Aussage zeigt, dass das Äußere auch konkrete Auswirkungen auf das soziale Leben hat. Zwar ist dies ein bereits bekanntes Phänomen, es zeigt jedoch nochmals deutlich, wie wichtig vor allem in der Phase der Pubertät der Körper und seine äußere Erscheinung sind.
Kann dem Wunsch nach sozialer Anerkennung damit entsprochen werden, das eigene Äußere gut zu inszenieren, trainieren und perfektionieren?
Vor diesem Hintergrund können bereits erwähnte „Hilfsmittel“ wie Diättipps, Fitness-Apps, Styling- und Modetipps etc. helfen, sich im eigenen Körper (wieder) wohler zu fühlen und damit auch Selbstbewusstsein aufzubauen. Denn nur mit einem gewissen Grat an Zufriedenheit mit dem eigenen Körper, verfügen Jugendliche über ausreichend Zuversicht neue Erfahrungen anzugehen und diese positiv zu erleben.
Hierbei die Balance zwischen einem gesundheitsfördernden und einem gesundheitsschädlichen Umgang mit Fitness- und Schlankheitszielen zu halten, bleibt jedoch eine dauerhafte Herausforderung für Jugendliche. Immer wieder neue Produkte und Challenges (wie beispielsweise die #a4challenge, bei der die Taille hinter einem hochkant davor gehaltenes DIN A4 Blatt passen soll) setzen gezielt Anreize, die Jugendliche verunsichern können.
Den omnipräsenten Bildern schöner Menschen in den Medien etwas entgegenzusetzen und gegenläufige Vorbilder zu wählen, ist für Mädchen und Jungen nicht immer einfach. Zu beobachten sind jedoch einzelne Kampagnen und Bewegungen, die auf alternative Schönheitsideale aufmerksam machen und ein Verständnis von Schönheit vermitteln, welches sich von gängigen Idealen distanziert.
Hierzu gehören beispielsweise:
Basierend auf der Akzeptanz des eigenen Körpers und einem grundsätzlich positiven Körperbild, wurde 1996 die sogenannte „Body Positivity“-Bewegung von zwei Amerikanerinnen gegründet. Ihr Anliegen, das Selbstbild möglichst vieler Menschen zu verbessern, entstand vor dem Hintergrund eigener Betroffenheit im Zusammenhang von Essstörungen.
Die Marke DOVE engagiert sich seit längerem für „einen Schönheitsbegriff abseits von Alter, Kleidergröße, Hautfarbe und anderen Äußerlichkeiten“.
Die Protest- und Bildungsorganisation „pink stinks“ kritisiert einengende Geschlechterrollen in den Medien und der Werbung. Mit Kampagnen und Aktionen wird auf aktuelle Inhalte hingewiesen. In der Aufklärungsarbeit für Jugendliche und Erwachsene will der Verein für Sexismus und Homophobie sensibilisieren.
Feministische Zeitschriften – wie das Missy Magazine – thematisieren und kritisieren zudem immer wieder auch die aktuellen Schönheitsideale und stellen Personen in den Vordergrund, die abseits der Hochglanzzeitschriftennorm selbstbewusst auftreten.
„Nur schätzungsweise 4 % aller Frauen wären aufgrund ihrer körperlichen Möglichkeiten überhaupt in der Lage, dem aktuellen Schlankheitsideal zu entsprechen.“
Quelle: Television 28/2015/1: Maya Götz/Caroline Mendel/Sarah Malewski: „Dafür muss ich noch abnehmen“ Die Rolle von Germany’s next Topmodel und anderen Fernsehsendungen bei psychosomatischen Essstörungen
Jugendschutzsicht oder 'Wer schützt die Jugend?'
Wie können sich Mädchen und Jungen vor dem Hintergrund einengender Schönheitsideale selbstbestimmt entwickeln? Wie die mit der Pubertät einhergehenden körperlichen Veränderungen akzeptieren und in ein positives Selbstbild integrieren?
Vor dem Hintergrund des gesetzlichen Auftrages „Jugendliche zu befähigen, sich vor gefährdenden Einflüssen zu schützen und sie in ihrer Kritik- und Entscheidungsfähigkeit sowie Eigenverantwortlichkeit zu fördern“ (§ 14 Erzieherischer Jugendschutz, Sozialgesetzbuch VIII) wird deutlich, dass es Aufgabe des Jugendschutzes ist, sich mit den Themen Körper und Schönheitsideale auseinanderzusetzen.
Wie auch andere für Jugendliche oftmals alterstypische Verhaltensweisen – dazu zählen Mutproben, der Konsum legaler und illegaler Drogen oder ein riskantes Sexualverhalten – können eine starke Fokussierung auf das Äußere oder das exzessive Nacheifern bestimmter Schönheitsideale Gefährdungen darstellen: Diäten können ein gesundheitsschädigendes Ausmaß annehmen, die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper kann die Entwicklung einer selbstbestimmten sexuellen Identität erschweren und Körperfrust kann eine ernstzunehmende Belastung für Jugendliche darstellen, die sich auch auf die psychische Gesundheit auswirken kann.
Zudem erzeugt eine Fokussierung auf das Äußere bei Jugendlichen, die sich gerade in der Pubertät verstärkt mit sich, dem Körper aber auch der Wirkung auf andere auseinandersetzen, einen enormen Druck. Um Jugendliche dabei zu unterstützen, eigene Entscheidungen in Hinblick auf ihren Körper und ihr Äußeres zu treffen, befassen wir uns mit Fragen wie: Welche Experimente mit dem Körper sind im Jugendalter „normal“? Wie viel Bodystyling ist (noch) gesund? Wie können pädagogische Fachkräfte das Thema aufnehmen und Jugendliche stärken, um auf mögliche Folgen riskanten Schönheitshandelns aufmerksam zu machen? Antworten auf diese Fragen sind nicht immer einfach, allgemeingültige Lösungen gibt es nicht.
Um Jugendliche bei den entwicklungsbedingten Herausforderungen und dem Umgang mit Angeboten zur Körperoptimierung begleiten zu können, braucht es Fachkräfte und Eltern, die mit Mädchen und Jungen auch über Schönheitsideale und körperliches Wohlbefinden sprechen.
Essen und Ernährung
Essen und Ernährung
Essen ist mehr als satt werden. Im Umgang mit Stress oder unangenehmen Gefühlen, wie Langeweile oder Traurigkeit, kann Essen eine große Rolle spielen. Ebenso lässt sich über Ernährung der eigene Körper formen und gestalten, was für Jugendliche in der Auseinandersetzung mit geltenden Schönheitsidealen bedeutsam sein kann. Alterstypische Autonomie- und Abgrenzungsbestrebungen den Eltern gegenüber lassen sich durch eine vegetarische, vegane oder frutarische Ernährungsform demonstrieren. Gleichzeitig bieten sie die Möglichkeit, sich bestimmten Gruppen oder einem bestimmten Lifestyle zugehörig zu fühlen.
Auffälliges Essverhalten bei Mädchen und Jungen oder Vermutungen über einzelne Jugendliche, die zu viel, zu wenig oder zu ungesund essen, werfen bei pädagogischen Fachkräften oftmals Fragen auf: Wann wird aus einer ständigen Beschäftigung mit dem eigenen Gewicht oder einer andauernden Selbstkontrolle beim Essen (z. B. durch Diäten) ein krankhaftes Essverhalten? Was ist überhaupt ein „normales“ Essverhalten und wo verläuft die Grenze zu Essstörungen? Wie kann ein angemessener Umgang mit betroffenen Mädchen und Jungen aussehen?
Jugendliche leiden stärker an ihrem gefühltem statt tatsächlichem Gewicht.
Essen hat heute kaum noch etwas mit Ernährung zu tun.
„Jeder zehnte Elfjährige hat schon mal eine Diät gemacht“
Bravo Dr.-Sommer-Studie
Seminare
Regelmäßiges Seminarangebot der LJS
Essen, Fressen, Hungern – Essstörungen bei Mädchen und Jungen
Essen ist mehr als satt werden. Im Umgang mit Stress oder unangenehmen Gefühlen, wie Langeweile oder Traurigkeit, kann Essen eine große Rolle spielen. Ebenso lässt sich über Ernährung der eigene Körper formen und gestalten, was für Jugendliche in der Auseinandersetzung mit geltenden Schönheitsidealen bedeutsam sein kann. Alterstypische Autonomie- und Abgrenzungsbestrebungen den Eltern gegenüber lassen sich durch eine vegetarische, vegane oder frutarische Ernährungsform demonstrieren. Gleichzeitig bieten sie die Möglichkeit, sich bestimmten Gruppen oder einem bestimmten Lifestyle zugehörig zu fühlen.
Auffälliges Essverhalten bei Mädchen und Jungen oder Vermutungen über einzelne Jugendliche, die zu viel, zu wenig oder zu ungesund essen, werfen bei pädagogischen Fachkräften oftmals Fragen auf: Wann wird aus einer ständigen Beschäftigung mit dem eigenen Gewicht oder einer andauernden Selbstkontrolle beim Essen (z.B. durch Diäten) ein krankhaftes Essverhalten? Was ist überhaupt ein „normales“ Essverhalten und wo verläuft die Grenze zu Essstörungen? Wie kann ein angemessener Umgang mit betroffenen Mädchen und Jungen aussehen?
Das Seminar führt in das Thema Essstörungen bei Jugendlichen ein, zeigt Präventionsmöglichkeiten auf und rückt die Frage in den Fokus, wie Jugendliche im pädagogischen Alltag dahingehend gestärkt und begleitet werden können, ein gesundes Essverhalten zu entwickeln. Die Teilnehmenden erhalten darüber hinaus die Möglichkeit ihre eigene Haltung gegenüber dem Thema Ernährung zu reflektieren.
» nächster Termin ist der 04.03.2020
Eine detaillierte Ausschreibung sowie die Möglichkeit zur Anmeldung finden Sie ab Ende des Jahres auf der Website der LJS.
Tattoo, Piercing und Co
Tattoo, Piercing und Co
Kunstvolle Motive, symbolische Bedeutungen oder einfach nur Schmuck am Körper: Tattoos und Piercings sind schon längst nicht mehr mit einer kriminellen Vergangenheit verknüpft sondern alltägliches Modeaccessoire.
Fußball-Profis, Popstars und YouTube-Sternchen, die Jugendlichen zur Orientierung oder als Vorbild dienen, tragen und zeigen mittlerweile selbstverständlich Tattoos und Piercings. Aber auch im sozialen Umfeld der Mädchen und Jungen werden sie Menschen kennen, die ihren Körperschmuck zeigen. Bereits zahlreiche jugendliche Mädchen und Jungen wünschen sich, ihren Körper in dieser Art und Weise gestalten zu lassen.
Es gibt Risiken, die in diesem Alter bei den Überlegungen oftmals außen vor gelassen werden. Dabei sollte sich jeder und jede darüber klar sein, dass sowohl ein Tattoo als auch ein Piercing einen körperlichen Eingriff darstellen und Wunden verursachen, die sich entzünden können und Einfallstor für Infektionen sind – vor allem, wenn die Pflege unsachgemäß ausgeführt oder vernachlässigt wird. Die Tattoo-Farben können zudem gesundheitsschädliche Stoffe wie Keime oder Schwermetalle enthalten. Wie sich die Farben im Körper verteilen und welche Auswirkungen sie auf die Gesundheit haben, ist zudem wenig erforscht. Die in Deutschland geltenden Hygienevorschriften können diese Risiken verringern – bei der Auswahl des Studios sollte aber trotzdem auf die Einhaltung der Vorschriften geachtet werden (Checklisten zur Tattoo-Studio-Wahl: safer-tattoo.de/checklisten)
Ein weiterer Aspekt, den sich vor allem Jugendliche wenig bewusst machen, ist die Tatsache, dass es sich bei Tätowierungen um eine dauerhafte Körperveränderung handelt. Neben der Körperstelle ist auch das Motiv zu bedenken: Können damit Probleme im Berufsleben auftreten? Finde ich das Motiv oder die Aussage des Tattoos auch in 20 Jahren noch gut und richtig? Diese Fragen verdeutlichen, wie weitreichend solch eine Entscheidung ist und wie gut sie überlegt sein sollte.
Jugendschutz und Rechtliches zu Tattoos
Tattoos greifen in die körperliche Unversehrtheit ein und erfüllen so den Tatbestand einer (gefährlichen) Körperverletzung (§ 223 und § 224 StGB). Entsprechend benötigen die Studios eine Einwilligung ihrer Kunden vor dem jeweiligen Eingriff.
Bei Minderjährigen geht es bei einer Einwilligung zusätzlich um die Einsichtsfähigkeit, die Risiken und Konsequenzen des Eingriffs in die körperliche Unversehrtheit abzuschätzen. Diese ist gesetzlich nicht an Altersgrenzen gebunden. Da ein Tattoo-Studio eher keine rechtssichere Aussage darüber treffen kann, ob diese Einsichtsfähigkeit vorhanden ist, verlangen sie entweder eine Einverständniserklärung der Eltern (mit entsprechendem Beratungs- und Aufklärungsgespräch im Vorfeld) – oder tätowieren generell erst 18-Jährige.
Bewegung, Sport und Fitness
Bewegung, Sport und Fitness
„Fit“ ist scheinbar das neue „Sexy“ – das ist vielen Mädchen und Jungen bei der Auseinandersetzung mit dem Körper bewusst. Zahlreiche Sport- und Fitness-Apps oder -programme werden entsprechend zunehmend auch von Jugendlichen genutzt.
Auch hier ist die Grenze zwischen den positiven und negativen Seiten nicht leicht auszumachen und fließend: Einerseits ist die Tatsache, dass Jugendliche sich um ihren Körper kümmern, ihn trainieren und dadurch besser kennen und einschätzen können, positiv zu bewerten. Zu wissen, was der eigene Körper kann, mit ihm Erfolge zu erzielen wirkt sich positiv auf die Entwicklung und das Gefühl der Selbstwirksamkeit aus. Zudem kann Sport ein guter Ausgleich sein, Alltags- oder Schulstress abzubauen.
Die Kehrseite ist andererseits ein Zuviel, bei dem nicht mehr der Spaß im Vordergrund steht, sondern das Erreichen eines (vermeintlich selbstgewählten) Ziels. Die propagierten Schönheits- und Körperideale aus den Apps oder Tutorials können die meisten Jugendlichen nicht annähernd erreichen, was zu exzessiven Trainings mit gesundheitlichen Folgen durch Überforderung führen kann. Hinzu kommt, dass Körperfrust und ein gehemmter Umgang mit dem eigenen Körper zu nachhaltigen Selbstzweifeln führen können, die sich auch auf das Selbstbewusstsein insgesamt auswirken können.
„Die Mehrheit der Jugendlichen meint, dass sich eine schlanke Figur positiv auf die Beliebtheit auswirkt“
Bravo Dr.-Sommer-Studie
»Methoden / Material
Methoden für die Arbeit mit Jugendlichen, die explizit Körperkult, Körperoptimierung und Schönheitsideale behandeln gibt es kaum. Das Thema lässt sich jedoch in viele vorhandene Ideen und Konzepte einbinden: So kann mit erlebnispädagogischen oder bewegungsorientierten Angeboten ein Anlass geschaffen werden, das Thema aufzugreifen und gleichzeitig positive Erlebnisse mit dem eigenen Körper zu verbinden. Medienpädagogische Einheiten zu Schönheits- und Geschlechterbildern in den Medien können die aktuellen Ideale besprechen und reflektieren.
Mit Material-, Film- und Buchtipps werden Fachkräften Anregungen und Informationen gegeben, die es erleichtern sollen, das Thema „Körperkult“ – und die verschiedenen Facetten des Themas – in die Arbeit zu integrieren.
StudienergebnisseBauer Media Group: Bravo Dr.-Sommer-Studie 2016 Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): Jugendsexualität. 9. Welle, 2019 Prof. Dr. Elizabeth Pommer, Dr. Christine Linke „Audiovisuelle Diversität? Geschlechterdarstellungen in Film und Fernsehen in Deutschland“ 2017, Institut für Medienforschung, Philosophische Fakultät, Universität Rostock MaLisa Stiftung „Weibliche Selbstinszenierung in den neuen Medien. Ergebnisse einer Studienreihe präsentiert von der MaLisa Stiftung“ Januar 2019 Robert Koch Institut: Forschungsbericht. EsKiMo II – Die Ernährungsstudie als KiGGS-Modul WHO, Sucht Schweiz „Health Behavior in School-aged Children (HBSC)“ Maya Götz, Josephine Becker „Das „zufällig“ überkreuzte Bein. Selbstinszenierungsmuster von Influencerinnen auf Instagram“, in Televizion digital 1/2019 Maya Götz/Caroline Mendel/Sarah Malewski: „Dafür muss ich noch abnehmen“ Die Rolle von Germany’s next Topmodel und anderen Fernsehsendungen bei psychosomatischen Essstörungen, in Television 28/2015/1 |
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Artikel | HintergrundinformationenInternationales Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI): Fachzeitschrift Televizion. 34/2021/1, „Männerbilder“ Katholische Landesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz NRW e.V.: Thema Jugend. Zeitschrift für Jugendschutz und Erziehung 1/2021 „Körperbilder“ ZIMT Das Magazin für die Psyche: „Gestern Kurven, heute dünn. Wie Schönheitstrends auf Social Media unser Körperbild beeinflussen.“ April 2023 taz online Deutschlandfunk Kultur: Soziologin über die Arbeit am eigenen Körper Zeit online „Die Stille Macht der Schönheit“, 2019 Kai Müller: Alle Jugendlichen wollen „normal“ sein. Internationales Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen und ANAD e.V.: Warum seh‘ ich nicht so aus? Fernsehen im Kontext von Essstörungen. 2016 Landesstelle Jugendschutz Niedersachsen „Der optimale Körper. Die Problematik von Schönheitsidealen im Jugendalter“ Tagungsbericht, 2017 Nora Gaupp und Christian Lüders: „Mach was aus dir!“ Selbstinszenierung und Selbstoptimierung bei Jugendlichen – Freiheit ohne Zwang? In: pro Jugend 2/2016 Prof. Dr. Nicola Döring: „Schöne neue Mädchenwelt“. Mithu Sanyal „Trend weiblicher Körperoptimierung“ ab Seite 15 in: Tagungsdokumentation Doris Vorloeper-Heinz/Anja Puneßen: Body-Art for Kids. Tattoos, Piercing, Nail Design & Co. – verboten für Kinder und Jugendliche? Erschienen in: AJS-Forum 3/2016 Dr. phil. Stefanie Duttweiler „Gesundheitsdiktatur Fitness-Apps?“ ab Seite 25 in: Tagungsdokumentation |
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Infos für JugendlicheProjekt Ninette Dünn ist nicht dünn genug Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Gut drauf. #1 Immer Ärger mit der Schönheit Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Gut drauf. #5 Fitness, Sport, Body Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Gut drauf. #6 Fit ohne Pillen |
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Buchtipp | weiterführende LiteraturSusie Orbach „Bodies. Im Kampf mit dem Körper“ Erich Kasten: „Body-Modification. Psychologische und medizinische Aspekte von Piercing, Tattoo, Selbstverletzung und anderen Körperveränderungen“ Waltraud Posch: „Projekt Körper. Wie der Kult um die Schönheit unser Leben prägt“ Jens Schreyer: „Outdoortraining für Gesundheitsförderung und Persönlichkeitsentwicklung (erleben und erlernen).“ Stefanie Duttweiler/Robert Gugutzer/Jan-Hendrik Passoth/Jörg Strübing: „Leben nach Zahlen: Self-Tracking als Optimierungsprojekt?“ |
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FilmtippMedienprojekt Wuppertal: „Bin ich schön. Ein Film über den Umgang von Jugendlichen mit Schönheitsidealen“ Quarks und Co: „Moden der Ernährung: Zu jeder Zeit ein neuer Trend?“ Maithink X: „Die Tricks der Kosmetikindustrie“ ZDF Magazin Royal „Wie Instagram junge Menschen dazu bringt, ihre Gesundheit aufs Spiel zu setzen“ So geht MEDIEN, BR.de: Influencer*innen I Gastbeitrag |
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Website/Blog„SCHAU HIN! Was dein Kind mit Medien macht“ Medialer Körperkult – gefährliche Ideale Landesmedienzentrum Baden-Württemberg „LMZ SPOTLIGHT – BEAUTY-FILTER“ Deutschlandfunk Kultur „Alle glatt, strahlend, perfekt. Soziale Medien verändern den Blick auf den Körper“ Pro familia: „Schönheitsideale: Bin ich schön?“ Pinkstinks Germany: „Warum sind Kommentare zu Körpern nicht okay?“ Marshmallow Mädchen: Body Positivity und Körperakzeptanz im deutschsprachigen Raum Vogue „Dick sein, oder: Bekenntnisse eines „gefährlichen“ Körpers“ Ein Blog-Projekt für Fettakzeptanz von Nicola Hinz: Das Lied der fetten Dame |
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ArbeitshilfeAktion Jugendschutz Landesarbeitsstelle Bayern e.V.: „Sarahs Weg… Arbeitshilfe zum Film „Sarahs Weg aus der Bulimie“ Klicksafe: „Let’s talk about Porno! Arbeitsmaterialien für Schule und Jugendarbeit“ Klicksafe: „Ethik macht klick – Werte-Navi fürs digitale Leben. Arbeitsmaterialien für Schule und Jugendarbeit“ |