Erläuterungen zum Plakat „Kindeswohlgefährdung“
Für genauere Informationen können Sie hier die Informationen der Plakat-Rückseite einsehen.
Das Plakat ist eine Orientierungshilfe für den Umgang mit Vermutungen bzw. Verdacht auf eine Kindeswohlgefährdung. Auf der Vorderseite finden Sie eine Übersicht über Handlungsoptionen und Vorgehensweisen in solchen Situationen, auf der Rückseite sind relevante gesetzliche Grundlagen und ergänzende Informationen zu den Handlungsoptionen zusammengefasst.
Für Fachkräfte in Kitas/Jugendhilfeeinrichtungen und Schule gelten teilweise unterschiedliche gesetzliche Rahmen – die Unterschiede sind auf dem Plakat als zwei unterschiedliche „Pfade“ dargestellt und ggf. auf der Rückseite des Plakats erläutert.
Für alle Fachkräfte gilt dabei: Bewahren Sie nach Möglichkeit Ruhe, handeln Sie in Absprache mit Leitung / Team unter Beachtung des Datenschutzes.
Und: Bei der Konfrontation mit einem Verdacht auf sexualisierte Gewalt sollten Sie immer die Unterstützung Ihrer Einrichtung durch eine spezialisierte Fachberatungsstelle anstreben!
1) GESETZLICHE GRUNDLAGEN
Elternrecht (Art. 6 GG) | Kindeswohl(gefährdung)
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen ().
Sorgerecht (§ 1631 BGB) | Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung
(1) Die Personensorge umfasst insbesondere die Pflicht und das Recht, das Kind zu pflegen, zu erziehen, zu beaufsichtigen und seinen Aufenthalt zu bestimmen.
(2) Das Kind hat ein Recht auf Pflege und Erziehung unter Ausschluss von Gewalt, körperlichen Bestrafungen, seelischen Verletzungen und anderen entwürdigenden Maßnahmen.
(3) Das Familiengericht hat die Eltern auf Antrag bei der Ausübung der Personensorge in geeigneten Fällen zu unterstützen.
Verletzung der Fürsorgepflicht (§ 171 StGB)
Wer seine Fürsorge- oder Erziehungspflicht gegenüber einer Person unter sechzehn Jahren gröblich verletzt und dadurch den Schutzbefohlenen in die Gefahr bringt, in seiner körperlichen oder psy-chischen Entwicklung erheblich geschädigt zu werden, einen kriminellen Lebenswandel zu führen oder der Prostitution nachzugehen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Das Kindeswohl kann gefährdet sein durch Gewalttaten, verbale Gewalt und demütigen-des Verhalten, Vernachlässigung, Aufwachsen im Kontext von Drogenkonsum, Kontakt mit extremistischen Milieus …
2) „GEWICHTIGE ANHALTSPUNKTE“ für eine Kindeswohlgefährdung (§ 4 KKG)
sind z. B.:
- Verletzungen, Verhaltensänderungen, Äußerungen eines Kindes
- Konkrete Hinweise anderer Personen, u. U. auch anonym
Welche Anhaltspunkte „gewichtig“ sind, beurteilen Fachkräfte im jeweiligen Fall selbst – ggf. im Team bzw. mit einer insoweit erfahrenen Fachkraft.
Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung sind Beobachtungen und Hinweise, z. B. zu Veränderungen im Verhalten oder im Zustand eines Kindes oder Äußerungen eines Kindes.
Hier finden Sie einige Beispiele. Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, weitere Anzeichen können ebenfalls Anlass zu einem Verdacht geben:
MISSHANDLUNG
- Äußerungen, die nahelegen, dass ein Kind zuhause körperliche oder emotionale Gewalt erfährt
- Verletzungsbilder, die auf eine Gewalteinwirkung schließen lassen
(Striemen, Verbrühungen, blaue Flecken an sturzuntypischen Stellen, Verbrennungen …) - Erklärungen von Eltern zu Verletzungen, die nicht zum Verletzungsbild passen
SEXUELLER MISSBRAUCH
- Äußerungen, die nahelegen, dass ein Kind sexuellen Missbrauch erfährt
- Kinder, die altersunangemessen sexualisiertes Verhalten im Spiel oder im Kontakt mit Gleichaltrigen nachahmen oder selbst sexuell übergriffig werden
- Verletzungen im genitalen und analen Bereich, Geschlechtskrankheiten
VERNACHLÄSSIGUNG
- Äußerungen von Kindern, die darauf hindeuten, dass sie lange Zeit ohne Aufsicht erwachsener Bezugspersonen sind
- Untergewicht, vermindertes Wachstum
- Rückstände in der Entwicklung
- unversorgte Krankheiten oder Verletzungen
- unzureichende Körperhygiene
AUTONOMIEKONFLIKTE
- Einengende Regeln und Pflichten, die die Entwicklung beeinträchtigen
- Überfordernde Leistungserwartungen
- Keine Unterstützung bei der altersangemessenen Entwicklung (Ablösung von den Eltern, Eigenständigkeit, Freiraumgestaltung) und Selbstwirksamkeitserfahrungen
ERWACHSENENKONFLIKTE UM DAS KIND
- Trennungskonflikte, in die das Kind massiv einbezogen wird
- Konflikte zwischen leiblichen Eltern und Pflegeeltern, in die das Kind einbezogen wird
Ein einziger Anhaltspunkt reicht für die Feststellung einer Kindeswohlgefährdung in der Regel nicht aus, relevant sind regelmäßig mehrere Auffälligkeiten – so z. B. wenn das Verhalten der Eltern durch „Jugendamt-“ oder „Kinderarzt-Hopping“ zusätzlich Anlass zur Sorge gibt, dass sie sich um eine Vertuschung bemühen.
Beobachtungen und Hinweise für eine Kindeswohlgefährdung können zunächst unspezifisch sein. Zur Abklärung ist eine weitere Sondierung erforderlich – ggf. im Team bzw. mit einer insoweit erfahrenen Fachkraft.
RUHE BEWAHREN
Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung wahrzunehmen, bedeutet Stress: Aufregung, Fassungslosigkeit, Empörung über die Tat und Wut auf mögliche Tatpersonen sind Emotionen, die aufkommen können. So verständlich diese Gefühle auch sind, wichtig ist vor allem: Kinder benötigen Erwachsene, die ruhig und besonnen agieren.
Deswegen:
- Atmen Sie tief durch, nehmen Sie sich eine bewusste Pause und besprechen Sie anschließend
– unter Beachtung des Datenschutzes – mit Kolleg*innen und/oder Fachleuten das weitere Vorgehen. - Eine Dokumentation kann helfen, die Situation zu klären. Besonders wichtig: Fakten und eigene Gedanken / Interpretationen der Fakten systematisch voneinander zu trennen. Später kann die Dokumentation zudem eine wichtige Hilfe für den weiteren Verlauf sein.
WICHTIGE ASPEKTE BEI DER DOKUMENTATION
- Name des Kindes
- Datum der Beobachtung / Äußerung / Mitteilung
- Angabe zur Situation / Zeit und Ort
- Fakten: Beschreibung der Handlungen oder Äußerungen des Kindes, möglichst exakte Beschreibung mit Kontext und genauem Wortlaut
- Interpretation: Vermutungen, Sorgen, Befürchtungen der Fachkraft angesichts der Situation
- Aktueller Kontext: Welche fachlichen Hilfen sind ggf. bereits in der Familie installiert (Jugendamt, SPFH etc.)?
- Informationsweitergabe: ja/nein – an wen – in welcher Form – mit welcher Befugnis (Einwilligung oder gesetzliche Grundlage)
3) SONDIERUNG
Die Sondierung soll vorliegende Informationen über das Kind und den familiären Kontext zusammentragen und einen Überblick über Beobachtungen am Kind bzw. Äußerungen eines Kindes im Hinblick auf akute Probleme oder ein Gefährdungspotential ermöglichen. Ein Sondierungsprozess kann sich je nach Informationslage über einen längeren Zeitraum, u. U. Wochen oder Monate hinziehen.
Die Sondierung sollte unter größtmöglicher Wahrung des Vertrauensschutzes für das Kind stattfinden. D. h.: Personen, die bisher noch keine Kenntnis hatten, sollten – insbesondere, wenn sich das Kind anvertraut hat – nur mit Einwilligung des Kindes einbezogen werden (gilt z. B. auch für das Team oder Klassenlehrkräfte).
Eigene Belastungsgrenzen und Selbstfürsorge im Blick behalten: Unterstützer*innen betroffener Kinder brauchen häufig einen langen Atem. Im Verlauf eines Hilfeprozesses kann es Rückschläge oder andere Entwicklungen geben, die viel Geduld erfordern. Die Begleitung eines Kindes sollte deshalb im Team gut überlegt und abgestimmt sein.
VERTRAUENSSCHUTZ
In der Arbeit mit Kindern gilt grundsätzlich: Ohne Vertrauen gibt es kein Anvertrauen!
Dies ist ein zentraler ethischer Grundsatz für alle helfenden Berufe. Staatlich anerkannte Sozialarbeiter*innen und -pädagog*innen (§ 203 Abs. 1 StGB) sowie Lehrkräfte (§ 203 Abs. 2 StGB) haben deshalb eine strafbewehrte Schweigepflicht: Geben Sie eine persönliche Information unbefugt – das heißt, ohne Einwilligung oder eine gesetzliche Grundlage – weiter, machen Sie sich strafbar. Haben Sie keine Einwilligung des Kindes – oder, falls dieses noch nicht wirksam einwilligen kann, keine Einwilligung der gesetzlichen Vertreter*innen – dürfen Sie Informationen ausschließlich bei Vorliegen einer gesetzlichen Grundlage weitergeben, unabhängig davon, mit wem Sie über die Situation sprechen möchten (z. B. § 4 KKG, § 34 StGB oder Landesschulgesetz).
Leitlinien, Dienstanweisungen, Erlasse etc. sind keine Gesetze und können eine Datenweitergabe ohne Einwilligung der Betroffenen nicht rechtswirksam rechtfertigen. Geben Sie Informationen auf einer solchen Grundlage weiter, brechen Sie unbefugt Ihre Schweigepflicht und machen sich strafbar.
Kindern sollte dennoch niemals die absolute Vertraulichkeit zugesichert werden, da es (Not-) Situationen geben kann, die Fachkräfte nicht für sich behalten dürfen, da sie eine Garantenstellung gegenüber ihren Schützlingen haben – grundsätzlich können Sie sich merken: Datenschutz steht Kinderschutz nie entgegen. Müssen Sie also Informationen aus rechtlichen Gründen gegen den Willen des Kindes weitergeben, gilt aber zumindest: Vielleicht ohne Willen, aber nicht ohne Wissen des Kindes (Transparenzgebot).
INSOWEIT ERFAHRENE FACHKRÄFTE (InsoFa)
Der Begriff bezieht sich darauf, dass die InsoFa in Bezug auf das Einschätzen von Gefährdungs-risiken erfahren sein muss. Die InsoFa muss im konkreten Einzelfall, für die jeweilige Gefährdungs-lage (z. B. sexualisierte Gewalt) und den individuellen Hilfekontext (z. B. Kita) entsprechend beraten können. Zudem benötigt die Person fundierte Kenntnisse im Bereich Kinderschutz und den dazu-gehörigen Arbeitsprozessen und Rechtsgrundlagen. „Erfahren“ bedeutet, dass die Person nicht nur die theoretischen Kenntnisse, sondern auch die entsprechenden Praxiserfahrungen im Bereich Kinderschutz mitbringt.
- Jugendämter halten einen Pool an insoweit erfahrenen Fachkräften vor. Einrichtungen / Schulen sollten sich am besten fallunabhängig informieren, wer ansprechbar ist, also bevor ein „Verdacht“ oder ein „Fall“ im Raum steht.
- Freie Träger der Jugendhilfe können eigene insoweit erfahrene Fachkräfte vorhalten.
Die medizinischen Kinderschutzhotline unterstützt zudem unter der 0800 1921000 telefonisch, kostenlos, anonymisiert und rund um die Uhr erreichbar. Sie kann von (Schul-)Sozialarbeiter*innen, (Schul-)psycholog*innen und allen Angehörigen der Jugendhilfe genutzt werden.
Art und Umfang der Beratung durch die InsoFa orientiert sich am Einzelfall und kann methodisch unterschiedlich erfolgen. Ebenso kann es notwendig sein, im Rahmen eines Kinderschutzverfahrens mehrfach Beratung durch eine insoweit erfahrene Fachkraft einzuholen. Die InsoFa ist ausschließlich anonymisiert beratend tätig und übernimmt keine Fallverantwortung für den jeweiligen Kinderschutzfall.
- Kitas und Einrichtungen der Freien Jugendhilfe müssen bei der Gefährdungseinschätzung zwingend eine InsoFa einbeziehen (§ 8a Abs. 4 SGB VIII).
- Schulen bzw. Lehrkräfte, (Schul-)Sozialarbeiter*innen und -Psycholog*innen haben einen Anspruch auf die Beratung durch eine InsoFa, sie sind jedoch nicht dazu verpflichtet, diese Beratung einzubeziehen (§ 4 Abs. 2 KKG).
- Bei „Verdacht auf sexuellen Missbrauch innerhalb der Familie“ gilt: Keine Einbeziehung der Eltern. Kommen Eltern als Täter*innen in Frage, besteht die Gefahr, dass sie die Kinder unter Druck setzen, zu schweigen oder eine Aussage wieder zurückzunehmen. Womöglich ist in einer solchen Situation der Schutz des Kindes nicht mehr zu gewährleisten.
4) VORGEHEN bei gewichtigen Anhaltspunkten für eine Kindeswohlgefährdung
„ERZIEHUNGSBERECHTIGE“ | „SORGEBERECHTIGTE“
Der Unterschied wird vor allem dann relevant, wenn Einrichtungen im Kinderschutzfall mit „den Eltern“ reden sollen oder eine Einwilligung für den folgenden Unterstützungsprozess (z. B. Einbeziehung des Jugendamtes) benötigen.
Die Bestimmungen in § 8a SGB VIII und § 4 KKG benennen „Erziehungsberechtigte“ als Adressat*innen. Rechtlich werden Entscheidungen bzgl. der Kinder (z. B. Annahme von Hilfen) aber immer von den Sorgeberechtigten getroffen. Der Unterschied:
- Sorgeberechtigte*r ist, wem allein oder gemeinsam mit einer anderen Person das Sorgerecht zusteht (§ 1626 BGB).
- Erziehungsberechtigte sind sowohl Sorgeberechtigte als auch jede sonstige Person über 18 Jahre, soweit diese aufgrund einer Vereinbarung mit dem*der Sorgeberechtigten nicht nur vorübergehend und nicht nur für einzelne Verrichtungen Aufgaben der Personensorge wahrnimmt – z. B. Stiefeltern, neue Lebenspartnerin des Vaters, ggf. Großeltern, Pflegeeltern, Betreuer*innen in einer Jugendwohngruppe, Nachbarn o. ä., soweit sie mit den Sorgeberechtigten eine entsprechende Vereinbarung (ggf. auch mündlich) haben.
Was ist eine
„UNMITTELBARE, AKUTE GEFÄHRDUNG, DIE KEINEN AUFSCHUB DULDET“?Rechtlich müssen das Situationen sein, die einen sogenannten „Rechtfertigenden Notstand“ nach § 34 StGB begründen.
Das bedeutet, dass eine sofortige Gefahrenabwehr „mit allen Mitteln“ (auch Einschalten der Polizei oder Angreifer fesseln etc.) notwendig ist. Solche Gefährdungen sind z. B. akute Suizidalität, ein Amoklauf, ein Elternteil holt mit Gewalt sein Kind aus der Kita/Schule, alle akut lebensbedrohlichen Situationen, schwere Verletzungen, ggf. auch starke Schmerzen.
„EINWILLIGUNG“ ALS MITTEL DES VERTRAUENSSCHUTZES
Es ist wenig bekannt, aber wichtig zu wissen: Auch junge Minderjährige können rechtlich wirksam in die Weitergabe ihrer Daten einwilligen.
- Es gilt grundsätzlich die Einwilligung des Kindes als Träger des Grundrechtes auf Informationelle Selbstbestimmung!
- Voraussetzung: Das Kind muss sprachlich und kognitiv die Bedeutung und Tragweite seiner Entscheidung verstehen können. Das ist grundsätzlich auch bei kleineren Kindern gegeben. Unbedingt ist eine vorherige altersgemäße Aufklärung nötig.
- Stellt die Fach-/Lehrkraft aber fest, dass das Kind (noch) nicht einwilligungsfähig ist, entscheiden die Sorgeberechtigten.
Wenn die Sorgeberechtigten nicht einwilligen, oder nicht gefragt werden können, weil dies den wirksamen Schutz des Kindes in Frage stellen würden, muss das Jugendamt eingeschaltet werden (§ 4 KKG).
Keine Information an die Eltern oder Einbeziehung der Eltern,
- wenn das Kind die Zustimmung nachhaltig verweigert oder
- wenn die Fachkräfte davon ausgehen, dass sich durch die Information / Einbeziehung der Eltern die Situation des Kindes verschlechtern kann.
WER IST SCHWEIGEPFLICHTIG?
Grundsätzlich gilt für alle Berufsgruppen, die mit Kindern, Jugendlichen und Familien arbeiten, dass sie schweigepflichtig sind. Die wichtigste Rechtsgrundlage ist hierbei die strafrechtliche Schweigepflicht gem. § 203 Strafgesetzbuch. Danach macht sich strafbar, wer unbefugt (also ohne Einwilligung oder gesetzliche Grundlage) personenbezogene Informationen an andere weitergibt. Nach dieser Vorschrift sind schweigepflichtig:
- Staatlich anerkannte Sozialpädagog*innen und -arbeiter*innen (§ 203 Abs. 1 StGB) sowie
- Öffentlich Beschäftigte und Beamte, z. B. Lehrkräfte (§ 203 Abs. 2 StGB).
Alle weiteren Berufsgruppen und Mitarbeitenden in Einrichtungen für Kinder und Jugendliche sind aufgrund von Datenschutzvereinbarungen im Arbeitsvertrag sowie aufgrund gesetzlicher Bestimmungen im Bundesdatenschutzgesetz, in den Landesdatenschutzgesetzen, der DGSVO und ggf. spezieller Berufs- oder Einrichtungsbestimmungen (z. B. Tarifvertrag, spezielles Kirchenrecht) schweigepflichtig. Auch sie dürfen also personenbezogene Daten – insb. anvertraute Informatio-nen – nur weitergeben, wenn sie dafür eine Einwilligung des*der Betroffenen oder eine gesetzliche Weitergabebefugnis (z. B. bei akuter Gefahr nach § 34 StGB oder nach landesgesetzlichen Bestimmungen) haben.
Dies gilt u. a. für:
- Erzieher*innen
- Sozialpädagog*innen und -arbeiter*innen ohne staatliche Anerkennung
- Lehrkräfte an Privatschulen
- Verwaltungskräfte, Hausmeister*innen etc.
GESPRÄCHE MIT KOLLEG*INNEN DATENSICHER GESTALTEN
Die Weitergabe anonymisierter oder pseudonymisierter Daten, die keinerlei Rückschluss auf die Identität der Betroffenen zulassen, fällt nicht in den Bereich der beruflichen Schweigepflicht. Auch greift sie das Vertrauensverhältnis nicht an und ist deshalb das Mittel der Wahl, wenn bei nachhaltig „ungutem“ Gefühl oder zur konkreten Gefährdungseinschätzung Rücksprache mit Kolleg*innen oder einer externen insoweit erfahrenen Fachkraft gehalten werden soll.
KEINE ANZEIGEPFLICHT FÜR FACHKRÄFTE
Schweigepflichtige Fachkräfte haben weder das Recht noch die Pflicht, eine bereits erfolgte Kin-deswohlgefährdung zur Anzeige zu bringen.
Dahinter steht der gesetzgeberische Gedanke, dass das Vertrauensverhältnis in der Hilfebeziehung, auch bei schon erfolgter und somit unumkehrbarer Tat, schützenswerter ist als die effektive Strafverfolgung. Eine Anzeigepflicht besteht lediglich bei glaubhaft angekündigten schwersten Straftaten wie Mord oder Totschlag (§ 138 StGB; z. B. Ankündigung eines Amoklaufs)