Das Jugendschutzgesetz

Zusammenfassung von Jan Lieven

Was hat sich geändert?

Neben der systematischen Änderung, die beiden alten Jugendschutzgesetze – das Gesetz zum Schutze in der Öffentlichkeit (JÖSchG) und das Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften und Medieninhalte (GjS) – in ein Jugendschutzgesetz (JuSchG) zusammenzufassen (§§ 1 – 30), sind folgende Einzeländerungen von Bedeutung:

  • Die Abgabe von Tabakwaren an unter 18-Jährige wird untersagt. Zigarettenautomaten müssen so gesichert werden, dass Jugendlichen unter 16 Jahre der Zugang zu Zigaretten nicht möglich ist (§ 10). Die Heraufsetzung des Abgabealters von 16 auf 18 Jahre tritt bei der Automatenabgabe erst am 1. Januar 09 in Kraft.
  • Werbefilme für alkoholische Getränke und Tabakwaren dürfen im Kino erst ab 18 Uhr gezeigt werden (§ 11 Abs. 5).
  • Kinder im Alter zwischen 6 und 12 Jahre können in Begleitung einer personensorgeberechtigten Person (Eltern) Filme im Kino besuchen, die erst ab 12 Jahre freigegeben sind (§ 11 Abs. 2).
  • Computerspiele und Bildschirmspielgeräte (Spielautomaten) werden wie Kino- und Videofilme mit einer verbindlichen Alterskennzeichnung versehen bzw. freigegeben (§§ 12 und 13 JuSchG).
  • In das Verfahren der Freigabe und Kennzeichnung der Filme, Computerspiele und Bildschirmgeräte können gem. § 14 Abs. 6 JuSchG Einrichtungen der freiwilligen Selbstkontrolle einbezogen werden – nach Vereinbarung mit den Ländern (hier die USK in Berlin für Computerspiele).
  • Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) kann nunmehr auf Antrag anderer Behörden als den Jugendbehörden und auf Anregung von Trägern der freien Jugendhilfe über Indizierungen entscheiden (§ 21 Abs. 4).
  • Der Jugendmedienschutz wird aufgeteilt zwischen den sogenannte Trägermedien und den Telemedien. Trägermedien (Schriften, Filme, Musik-CDs, Videokassetten, CDs, DVDs etc.) fallen unter das Jugendschutzgesetz (JuSchG) des Bundes mit der Folge der Alterskennzeichnung und bei Jugendgefährdung der Indizierung.
  • Telemedien (online-Angebote im Internet) werden durch den neuen Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) der Länder geregelt, wobei hier im wesentlichen die bisherigen Bestimmungen des Jugendschutzes und des Schutzes der Menschenwürde wie beim Rundfunk (siehe Rundfunkstaatsvertrag) und bei den Mediendiensten (Internet – siehe Mediendienste-Staatsvertrag) übernommen worden sind.
  • Mit der Überprüfung der Einhaltung der Bestimmungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags ist die neu geschaffene Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) beauftragt worden.
  • An die KJM ist die von den Obersten Landesjugendbehörden (OLJB) eingerichtete Stelle jugendschutz.net in Mainz angebunden. Jugendschutz.net unterstützt die KJM und die OLJB. Sie sichtet mit eigener Software die Angebote der Telemedien und benachrichtigt bei festgestellten Verstößen die Anbieter und unterrichtet die Einrichtungen der Freiwilligen Selbstkontrolle (§ 17 JMStV).

Vier Regelungsbereiche werden teilweise kontrovers diskutiert:

Erziehungsbeauftragter (§ 1 JuSchG)

Was Jugendlichen gestattet werden darf, richtete sich gemäß altem Jugendschutzgesetz (JÖSchG) nach dem Alter der Jugendlichen und danach, ob sie alleine waren oder sich in Begleitung eines Erziehungsberechtigten befanden (das konnten sowohl die personensorgeberechtigten Eltern als auch jede Person über achtzehn Jahre sein, die den Jugendlichen mit Zustimmung der Eltern betreute).

Dies ist zwar nicht substantiell geändert worden, doch unterteilt man nach dem neuen JuSchG in „Personensorgeberechtigte“ und „Erziehungsbeauftragte“ (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 JuSchG). Erziehungsbeauftragte Person kann zum Beispiel der volljährige Bruder, die Schwester, der Freund, aber auch der Ausbilder, der Lehrer oder der/die Jugendhilfemitarbeiter/in usw. sein, der/die auf Dauer oder zeitweise aufgrund einer Vereinbarung mit der personensorgeberechtigten Person (Eltern) Erziehungsaufgaben wahrnimmt. Die sprachliche Änderung ist laut Gesetzesbegründung (siehe Drucksache 14/9013, Seite 38) vorgenommen worden, um Rechtsklarheit zu schaffen. Der frühere „Erziehungsberechtigte“ ist nach Auffassung des Gesetzgebers zu eng ausgelegt worden. Tatsächlich ist er aber in der überwiegenden Kommentierung und auch in Praxis weit ausgelegt worden, nicht anders als der jetzt vorgesehene Erziehungsbeauftragte nach dem JuSchG. Schwierigkeiten mit dem Begriff Erziehungsberechtigter gab es hin und wieder, weil der Erziehungsberechtigte durch die Formulierung des alten JÖSchG der umfassendere Begriff ist, der also auch die Personensorgeberechtigten einschließt (§ 2 Abs. 2 JÖSchG). Jetzt wird mit dem Erziehungsbeauftragten deutlicher, dass es sich um eine zeitlich (begrenzte) Betreuungsaufgabe handelt, die mit den Eltern etc. (Personensorgeberechtigten) vereinbart worden ist.

Discobesuch

Geblieben ist im wesentlichen die Bestimmung über den Aufenthalt bei Tanzveranstaltungen – trotz der im Februar/März 2003 „erregten“ Diskussion über Für und Wider, Jugendlichen generell ab 14 Jahre den Discobesuch zu gestatten. Daraus ist nichts geworden. Letztlich wollte sich die Politik aufgrund der geballten Elternkritik an der Liberalisierung nicht die Finger verbrennen. Somit darf Jugendlichen unter 16 Jahre weiterhin der Aufenthalt nur in Begleitung eines Erziehungsbeauftragten oder eines Elternteils gestattet werden. 16- bis 18-Jährige dürfen ohne Begleitung bis 24 Uhr in die Disco. Darüber hinaus kann die zuständige (örtliche) Behörde Ausnahmen von Abs. 1 genehmigen (Abs. 3), so dass auch weiterhin gewerbliche Tanzveranstalter Discos für 14-Jährige oder im Einzelfall sogar für noch Jüngere nach Genehmigung der Kommune veranstalten können. Zum anderen kann die Behörde auch hier wie beim Aufenthalt in Gaststätten (siehe oben) bei einem besonderen Gefährdungspotential weitere Auflagen erteilen (zum Beispiel Lärmpegelbeschränkungen oder die Organisation der Abholung der Jugendlichen nach Beendigung der Tanzveranstaltung).

Abgabe alkoholischer Getränke und branntweinhaltige Mixgetränke (§ 9 JuSchG)

Auch hier hat sich nichts geändert. Branntwein und branntweinhaltige Getränke dürfen an Jugendliche nicht abgegeben werden. Die Abgabe von „anderen alkoholischen Getränken“ (Bier, Wein etc.) an Jugendliche ab 16 Jahre ist weiterhin gestattet. Unabhängig davon wurden in jüngster Zeit Fragen nach der rechtlichen Bewertung der sogenannten branntweinhaltigen Mixgetränke gestellt: ob diese nun unter das Abgabeverbot (erst ab 18 Jahre) fallen oder wegen ihres „geringeren“ Alkoholgehalts (meist um die 6 Volumenprozent Alkohol) an 16-Jährige abgegeben und ihr Verzehr gestattet werden darf. Die Frage ist mittlerweile klar entschieden: Die Abgabe ist erst ab 18 Jahren erlaubt.

Rauchen in der Öffentlichkeit (§ 10 JuSchG)

Der Gesetzgeber hat mit Wirkung vom 1. September 2007 ein generelles Rauchverbot und ein Abgabeverbot für Kinder und Jugendliche beschlossen. Das bedeutet: Rauchverbot für unter 18-Jährige. Das Abgabeverbot hat auch das Angebotsverbot von Zigaretten in Automaten zur Folge, die in der Öffentlichkeit zugänglich sind und nicht beaufsichtigt werden (Abs. 2). Das Verbot gilt aber nicht, wenn die Automaten durch „technische Vorrichtungen“ so gesichert werden, dass Jugendliche unter 16 Jahre keine Zigarettenpackungen entnehmen können. (Die Heraufsetzung des Abgabealters von 16 auf 18 Jahre tritt bei der Automatenabgabe erst am 1. Januar 2009 in Kraft.)

Entsprechend haben sich die Bußgeldvorschriften im § 28 JuSchG geändert: Es handelt ordnungswidrig, wer diese Heraufsetzung des Abgabealters nicht berücksichtigt.

Download Jugendschutzgesetz (pdf, 863 KB, 110 Seiten)

Download Jugendschutzgesetz und Jugendmedienschutz-Staatsvertrag der Länder (pdf, 755kb, 125 Seiten)