Andere Kulturen verstehen – und im Dialog Werte vermitteln, 9.3.2016

LJS lädt Fachfrauen zu interkulturellem Dialog anlässlich des Weltfrauentages

Hannover, 9.3. 2016. Die Landesstelle Jugendschutz hat anlässlich des Weltfrauentages am 8. März 2016 einen Gesprächsnachmittag mit Fachfrauen für Pädagogik und Erziehung aus unterschiedlichen Kulturen organisiert. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie die Rechte von Mädchen und Frauen bereits frühzeitig in Familien verankert werden können – auch wenn diese aus anderen Kulturkreisen kommen. „Wir möchten versuchen, andere Kulturen zu verstehen – um auf dieser Basis der oft systematischen Entwertung von Frauen professionell begegnen zu können“, hielt LJS-Leiterin Andrea Urban einleitend fest. Damit knüpft die LJS an die „Hannoversche Erklärung“ für Gleichstellung an, die Ministerin Cornelia Rundt am 8. März gemeinsam mit Migrantenverbänden und dem Landesfrauenrat unterzeichnet hatte.

Andrea Buskotte, LJS

Andrea Buskotte, LJS

Verbunden damit wurde diskutiert, welche Rolle die Angebote des Jugendschutzes für die Gestaltung einer toleranten und weltoffenen Gesellschaft einnehmen – und wie sich das LJSAngebot Elterntalk für den interkulturellen Austausch nutzen lässt. „Für den Jugendschutz ist das Thema Gleichberechtigung zentral, weil das Bewusstsein für Geschlechtsrollen und Rechte frühzeitig in der Kindheit und Jugend angelegt wird“, konstatierte Andrea Buskotte von
der LJS.

Sonya Zayed, Islamforscherin

Sonya Zayed, Islamforscherin

„Ritual mit Wettbewerbscharakter“
Einführend veranschaulichte Sonya Zayed vom Forschungszentrum Globaler Islam aktuelle Trends in arabischen Gesellschaften, die im Rahmen von Migrationsbewegungen auch in Deutschland zunehmend eine Rolle spielen. Vor dem Hintergrund der sexuellen Übergriffe in der Sylvesternacht zog die tunesischstämmige Wissenschaftlerin einen Vergleich zwischen Köln und Kairo und konstatierte, dass mangelnde gesellschaftliche Teilhabe in Verbindung mit
unzureichender Bildung und der systematischen Unterdrückung von Frauen zu extremen Verhaltensweisen führen. In diesem Zusammenhang seien Attacken auf Frauen sowohl in Köln und Hamburg als auch in Kairo oder Tunis „ein Ritual unter Männern mit Wettbewerbscharakter“: „Was vor ein paar Jahren noch für Frauen möglich war, ist jetzt gefährlich: Abends oder nachts ausgehen ist selbst in Tunis nicht mehr möglich“, fasste die junge Wissenschaftlerin zusammen.

Die mangelnde gesellschaftliche Teilhabe vieler junger Männer, die trotz hohen Bildungsniveaus arbeitslos seien in Verbindung mit der daraus resultierenden Frustration mache sie empfänglich für islamistische Bewegungen und rückwärtsgewandte Rollenbilder, die weiterhin Teil der klassischen Erziehung seien. So laute ein tunesisches Sprichwort „Männer werden zu Paschas erzogen und Mädchen zu Mägden“. Die systematische Abwertung von Frauen werde durch die Betonung konservativ-religiöser Inhalte unterstützt.

Andrea Urban, Leiterin LJS

Andrea Urban, Leiterin LJS

Bildungsangebote und frühzeitige Prävention
Die Expertinnen waren sich darin einig, dass zumindest in westlichen Gesellschaften Bildungsangebote für Familien ein wichtiger Weg seien, um über die Rechte von Frauen ins Gespräch zu kommen. LJS-Leiterin Andrea Urban sieht das als Bestätigung der LJSAngebote für Familien mit Migrationshintergrund: „Da haben wir im Rahmen von Elterntalk schon Ideen. Anknüpfend an Erziehungsfragen soll zukünftig auch über Gleichberechtigung der Geschlechter und die sexuelle Selbstbestimmung von Kindesalter an getalkt werden“, hielt sie fest. Wie die Teilnehmerinnen in anschließenden Gruppengesprächen festhielten, geht es
zukünftig u.a. darum, frühzeitig im Rahmen von Elternarbeit Informationen zu einem freien und gleichberechtigten Aufwachsen zu vermitteln. Um gute Präventionsarbeit zu leisten, ist zum zweiten die interkulturelle Kompetenz der Fachkräfte in Kindergarten, Schule und Jugendarbeit
zentral.

Ein Vermitteln moderner, aufgeklärter Haltungen und Werte und Rollenvorbilder ist nur im Dialog möglich, so ein Fazit aus den Arbeitsgruppen. Das LJS-Angebot Elterntalk wurde in diesem Rahmen als hilfreiches Passepartout für viele Fragestellungen rund um das Thema Erziehung und Gleichberechtigung bewertet.

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